16. Juni 2015

38 / Stück Brot – Mitte Mai- fette Schnecken - grün


Es war voll und heiß im Duncker. Draußen waren trotz hinter uns gebrachter Geisterstunde noch immer 22 Grad und hier drin tropfte die Feuchtigkeit von den Wänden. Es war Zeit für einen neuen Aufguss. Ich torkelte Richtung Toilette, hatte heute Abend schon deutlich mehr Alkohol zu mir genommen als gut für mich war, aber jede Faser meines Körpers schrie nach Flüssigkeit. Zudem meinte es der DJ einfach zu gut und riss einen geilen Metalsong nach dem anderen herunter. Es war Himmel und Hölle zugleich. 
  Die Toiletten waren beide frei und ich entschied mich spontan für die rechte. Statistisch gesehen sollen die meisten Leute eher rechts als links nehmen, was vermutlich mit den höheren Anteil von Rechts- zu Linkshänder zusammenhängt. Ich nahm jedenfalls die rechte, setzte mich entspannt hin und erwartete was normalerweise so in dieser Lokalität passiert, als die Tür aufknallte und jemand vor sich hin murmelnd hereinkam. Der rüttelte kurz an meiner Tür, bestätigte damit die Theorie,  murmelte dann noch etwas lauter und knallte anschließend die andere Tür zu. Er rülpste, lies geräuschvoll den Gürtel auf den Boden fallen und einen fahren. Kurz herrschte Stille, dann hob das Murmeln wieder an. Ich glaube er sang irgendeinen Song . Oder versuchte es wenigstens.
Die Tür ging erneute, der dritte im Bunde blieb aber scheinbar bei den Pissoirs stehen, jedenfalls klackte nur eine Gürtelschnalle und dann begann er laut zu pfeifen. Ich konnte die Melodie beim besten Willen nicht  erkennen, aber wenigstens stoppte es das Gemurmel aus der anderen Kabine. Das Pfeifen riss ab,ein Gürtel wurde geschlossen und dann rauschte die Spülung. Als der Wasserhahn rauschte rülpste der Kerl in der anderen Kabine wieder und der andere am Waschbecken lachte laut auf.
"Stück Brot dazu?" rief er und verließ lachend die Toilette.
"Scheiße!" Kam von der anderen Kabine, dann stürzte derjenige hastig aus dem Klo, Hose hochgezogen oder nicht.
Ich hatte derweilen ebenfalls erledigt wozu ich hierher gekommen war und verließ kopfschüttelnd die Kabine. Am Waschbecken sah ich in den Blechspiegel darüber. Trotz allem war die Frisur okay ausgefallen.

Den Nachmittags zuvor hatte ich einen Termin beim Friseur gehabt und war dort mit der Abwesenheit von Paula konfrontiert worden.
"Wo ist sie denn?" fragte ich ihre Kollegin Emilia, die mir statt Paula die Haare wusch.
"I don't know." antwortete die. " She had some kind of Job offer at a Festival or something like this." Emilia kommt aus Neuseeland und versteht zwar deutsch sehr gut, spricht es aber kaum. Daher ist es bei einer Unterhaltung mit ihr völlig normal deutsch zu reden und englisch zurück zu erhalten.
"Ja das weiß ich, hatte der Chef beim letzten Mal schon erzählt aber ich dachte sie wollte Mitte Mai zurück sein."
"Yeah, but 'till today we didn't heard a thing from her. Maybe she comes back, maybe not. I don't know."
"Sagtest du bereits." Ich habe nichts gegen Emilia und ihr stark australisch eingefärbtes Englisch, aber sie war eben nicht Paula. Haarschnitt hin oder her, ohne Paula wäre Berlin und mein Leben um eine schillernde Facetten ärmer.

Kurz vor vier drückten die Bier auf die Blase und lenkten mich wieder Richtung Toilette. Drinnen pfiff ich pinkelnderweise den letzten Song der gerade gelaufen war mit und wurde beim Händewaschen mit einem Rülpser belohnt.
"Stück Brot dazu?" fragte ich gut gelaunt und ging lachend raus.

Am Rand der Tanzfläche hielten sich schon den ganzen Abend ein paar Mädels auf, deren Art ich in Anlehnung an ihre Erscheinung als fette Schnecken bezeichnete. Sie gehörte zu einer neuen Art von Mädels, die ihre überzähligen Pfunde bewusst zur Schau stellten, gemäß dem Motto: Look what I got! Grundsätzlich bin ich begeistert von Mädels mit Rundungen und Kurven, aber es muss da ein Missverständnis zwischen Kurven haben und fett sein im Spiel gewesen sein. Gegen Ende des Abends wurden ihre Versuche männliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, nun ja sagen wir plakativ. Verschmiertes Mascara und durchgeschwitzte Kleidung halfen bei den Bemühungen so überhaupt nicht. Doch als ich mich schon verschämt abwenden wollte zeigte sich ein Kerl im feuchten Hemd gefügig und ging auf die Damen ein. Das von ihm getragene Hemd hatte um Lauf des Abends zwei unter den Achseln beginnende Schweißflecken geziert, die sich im Laufe der Stunden über die Brust aufeinander zubewegt und sich schließlich vor etwa einer Stunde endlich getroffen und vereint hatten.

Es war kurz vor Feierabend als ich das letzte mal die Toilette aufsuchte. Mein Gleichgewichtssinn war ziemlich lädiert und dann gab die rechte Kabinentür nicht nach. Vor mich hinmurmelnd betrat ich die linke Kabine und öffnete den Gürtel meiner Hose. Der entglitt meinen Fingern und knallte auf den Boden, der alles andere als trocken aussah. Ich seufzte und setzte mich, wobei der Seufzer in ein Rülpsen überging. Draußen knallte die Klotür und dann pfiff jemand laut vor sich hin. Ich versuchte ihn zu ignorieren und konzentrierte mich auf meine vor mir liegende Aufgabe. Mein Körper verweigerte den Dienst und so rutschte mir mit ansteigendem Druck ein saftiger Darmwind heraus. Ich wedelte ihn weg und musste schon wieder rülpsen.
"Stück Brot dazu?" fragte jemand von draußen lachend und plötzlich war mir das Pinkeln vergangen.
"Scheisse!" fluchte ich, raffte meine Hose hoch und stürmte raus. Alles was ich wollte war nur noch weg bevor...
Und da stand sie auch schon in dem kleinen Vorraum vor den Toilette und lächelte mich verzeihend an - Ciec.  Ihre Augen waren noch immer grün wie Glas.

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